Wartung und Instandsetzung von WDVS

Mit den Anforderungen an den Wärmeschutz steigen auch die Ansprüche an Wärmedämm-Verbundsysteme. Wie lässt sich ein bestehendes System erneuern oder instand setzen? Und was ist dabei zu beachten?

Wärmedämm-Verbundsysteme werden nunmehr seit ca. 50 Jahren mit Erfolg verwendet und sind in den letzten Jahren für ein wirtschaftliches und energiesparendes Bauen unverzichtbar geworden. Die in den Anfangsjahren verwendeten Dämmstoffdicken von 4 cm oder 6 cm erfüllen aus heutiger Sicht bei Weitem nicht mehr die aktuellen Ansprüche und die jahrelange Bewitterung auch in Verbindung mit Planungs- oder Ausführungsfehlern haben zu Abnutzung und Verschleiß der Putzoberfläche geführt. Um diese Wärmedämm-Verbundsysteme zu warten, instand zu setzen oder den heutigen, gestiegenen energetischen Anforderungen anzupassen, besteht ein zunehmender Bedarf an Überarbeitung von Wärmedämm-Verbundsystemen. Im Nachfolgenden sollen Hinweise gegeben werden, welche Aspekte aus technischer und rechtlicher Sicht hierbei zu beachten sind.

Systembedingte Putzrisse über Plattenfugen (MW-Lamelle)

Schadensfall: Klebefläche nach Nachverklebung

Fassaden sind – unabhängig von ihrer Konstruktionsart – starken äußeren Belastungen ausgesetzt. So unterliegen die Süd- und Westseiten einer erhöhten UV-Belastung und einem stärkeren und schnelleren Temperaturwechsel als die Nord- und Ostseiten. Diese dagegen sind häufig länger feucht (z. B. durch Kondensation und Tauwasser) und bieten daher günstigere Wachstumsbedingungen für Algen und Pilze. Ausreichende Überstände, z. B. am Dach und an den Fensterbänken, und zurückgesetzte Fenster schützen kritische Anschlussbereiche. Bei fassadenbündigen oder gar vorstehenden Fenstern werden diese kritischen Zonen durch das gesamte ablaufende Regenwasser enorm belastet.

Auch die Sockelbereiche eines Gebäudes unterliegen einer besonderen Beanspruchung durch mechanische Einwirkungen, Spritzwasser, Schnee u. a. Daher empfiehlt der „Instandhaltungsleitfaden: Beschichtungen und Verputze auf Fassaden und Wärmedämm-Verbundsysteme“ [1] in Abhängigkeit von der vorliegenden Beanspruchung eine visuelle Kontrolle der Putzoberfläche jeweils nach ein bis vier Jahren. Diese kurzen Kontrollzyklen stellen sicher, dass eventuell vorhandene kleine Fehler oder Mängel frühzeitig erkannt und beseitigt werden können, bevor Schäden oder hohe Instandsetzungskosten entstehen. Außerdem können somit die Renovierungszyklen verlängert werden.

Wichtig

Wartung und Instandhaltung sind für die lange Haltbarkeit eines WDVS ebenso wichtig wie beste Materialqualität und einwandfreie Ausführung.

Schadensfall: Zu dünner Unterputz

Eine Analyse gibt Auskunft

Ist nicht bekannt, um was für ein Altsystem es sich handelt, muss zunächst eine Bestandserfassung von Gebäude und vorhandenem Wärmedämm-Verbundsystem durchgeführt werden. Hierbei sind Checklisten, wie sie beispielsweise in dem als Entwurf vorliegenden WTA-Merkblatt E-2-13 „Wärmedämm-Verbundsysteme: Wartung, Instandsetzung, Verbesserung“ [2] enthalten sind, nützlich. Derartige Checklisten sind naturgemäß sehr umfangreich, helfen jedoch, wesentliche Punkte nicht zu übersehen. Welche Punkte relevant sind, muss im Einzelfall entschieden werden. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei auf die folgenden Punkte zu richten:

  • Art des Dämmstoffes im Wärmedämm-Verbundsystem (EPS, Mineralwolle, …)
  • Befestigungsart (nur geklebt, geklebt und gedübelt, Schienenbefestigung)
  • Art des Unterputzes (mineralisch, organisch), Art des Oberputzes (mineralisch, organisch gebunden, Putzstruktur, …)
  • kritische Anschlüsse und ihre Ausführung.

In prinzipiell gleicher Art und Weise können vorhandene Schäden und Mängel mit einer Checkliste erfasst werden. Auch hierbei kann eine Vorlage, wie sie in [2] enthalten ist, helfen. Im Hinblick auf eine Instandsetzung sollte unterschieden werden in Schäden und Mängel:

  • der Putzoberfläche
  • am Unterputz
  • an der Dämmschicht
  • der Befestigung
  • am Gesamtsystem.

Welche Maßnahmen sind sinnvoll?

Bei der Erstellung eines Instandsetzungskonzeptes sind alle festgestellten Schäden und Mängel zu dokumentieren und mit dem Auftraggeber zu besprechen. Insbesondere wenn aufgrund eines begrenzten Budgets des Bauherrn nicht alle Mängel beseitigt werden können, ist der Auftraggeber schriftlich auf die verbleibenden Mängel und die daraus resultierenden Risiken hinzuweisen. Selbstverständlich gilt diese Aussage nur für Instandsetzungen nach Ablauf der Gewährleistung. In vielen Fällen sind alte, korrekt verarbeitete Wärmedämm-Verbundsysteme lediglich verschmutzt (organisch und/oder anorganisch), sodass eine Reinigung – erforderlichenfalls mit nachfolgender Desinfizierung – und eine auf das System abgestimmte Fassadenbeschichtung ausreichend sind. Sind Putzsysteme mit hydrophiler Oberfläche (zur Reduzierung des Algen-/Pilzrisikos) verwendet worden, müssen unbedingt die vom Hersteller empfohlenen Produkte zur Instandsetzung verwendet werden.

In allen anderen Fällen sollten die Hinweise im BFS-Merkblatt 21 [3] berücksichtigt werden. In Abhängigkeit vom vorhandenen Putz-/Beschichtungssystem haben sich zur Überarbeitung von WDVS Silikat-/Kieselsolbeschichtungen oder Silikonharzfarbe mit mäßiger Hydrophobierung (w ≤ 0,1 kg/m2 h1/2) besonders bewährt. Einzelne, lokale Schäden am Putzsystem können mit ausreichendem handwerklichem Geschick auch punktuell ausgebessert werden. Bei großflächigen Schäden ist eine Überarbeitung des Alt-WDVS mit einem für einen WDVS des vorhandenen Typs geeigneten Putzsystem, bestehend aus einem Unterputz mit Gewebe und einem Oberputz, technisch die bessere Lösung.

Haftet jedoch der Unterputz nicht mehr ausreichend auf dem Dämmstoff oder entstehen beim Überputzen zu große Probleme an den Anschlüssen, kann bei Systemen mit Styropor-Dämmplatten das schadhafte Putzsystem vertikal eingeschnitten und abgezogen werden. Nach Ausbesserung bzw. Austausch schadhafter Dämmplatten kann dann ein neues Putzsystem aufgetragen werden. Auch hierzu sollte ein Putzsystem verwendet werden, das für den Typ des Alt-WDVS geeignet und bauaufsichtlich zugelassen ist. Bei dieser Vorgehensweise können gleichzeitig Anschlüsse überprüft und gegebenenfalls ertüchtigt werden. Bei anderen Dämmstoffen als Styropor hat sich diese Methode („Strippen“) nicht oder noch nicht bewährt. Liegen Mängel bei der Befestigung der Dämmplatten am Untergrund vor (ungenügende Kleberhaftung, deutlich zu geringer Klebeflächenanteil), so muss in der Regel das Wärmedämm-Verbundsystem komplett entfernt und neu aufgetragen werden.

Tipps zur Ausführung

In einzeln zu bewertenden Fällen (mit EPS-Dämmplatten), bei denen sonst (fast) keine Mängel vorliegen, kann auch die Befestigung nachträglich und ohne Abriss des vorhandenen Systems ertüchtigt werden. Hierzu wird das Wärmedämm-Verbundsystem in einem Raster von ca. 30 x 30 cm durchbohrt und ein für die Verklebung von Dämmplatten bauaufsichtlich zugelassener PUR-Schaum injiziert. An Systemenden (wie z. B. Dach, Sockel oder Fenster) ist der Klebeschaum in engeren Abständen einzubringen, um einen weitgehend geschlossenen Klebewulst zu erzeugen. Voraussetzung für eine derartige Instandsetzung ist das Vorliegen eines klebegeeigneten Untergrundes. Ist dies nicht gegeben, muss im Einzelfall entschieden werden, ob die Standsicherheit des Systems durch eine zusätzliche Verdübelung sichergestellt werden kann. 

Wieder wie neu: Mit einer visuellen Kontrolle der Putzoberfläche nach ca. ein bis vier Jahren lassen sich vorhandene Fehler oder Mängel frühzeitig erkennen und schnell beseitigen.

HINTERGRUND

Um aus dem Dilemma ständiger bauaufsichtlicher Zulassungen herauszukommen und weil kein erhöhtes technisches Risiko besteht, haben die Bundesländer Baden-Württemberg und Niedersachsen bereits ihre Zustimmung für das Überputzen von Wärmedämm-Verbundsystemen unter bestimmten Bedingungen gegeben.

In jedem Fall ist es erforderlich, ein zusätzliches armiertes Putzsystem aufzutragen und den Erfolg der Maßnahme durch Kontrolle der Haftung und des Klebeflächenanteils zu überprüfen und zu dokumentieren. Besteht der Wunsch, ein altes Wärmedämm-Verbundsystem dem heutigen energetischen Standard anzupassen, kann auf ein bestehendes auch ein zusätzliches WDVS aufgetragen werden (Überdämmung, Aufdoppelung). Hierzu muss das Altsystem den heutigen Anforderungen (z. B. hinsichtlich Standsicherheit und Brandschutz) entsprechen und das neue System über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung der Gruppe Z-33.49-xxx für eine Aufdoppelung verfügen. Bei der Installation des neuen Systems müssen die diesbezüglichen Angaben der bauaufsichtlichen Zulassung eingehalten werden. So ist beispielsweise das neue System mit bauaufsichtlich zugelassenen Dübeln durch das Altsystem in der tragenden Wand zu verankern. Die Wirtschaftlichkeit einer Aufdoppelung sollte im Einzelfall geprüft werden, da die ersten Zentimeter einer Dämmung die größte Effizienz bieten und dadurch der größte Teil der erzielbaren Energieeinsparung in den meisten Fällen bereits durch die vorhandene Dämmung erbracht wird.

„Um ein älteres WDVS dem energetischen Standard von heute anzupassen, kann es durch ein zweites ergänzt werden.“

Dr. Bodo Buecher

Wenn Putze ersetzt oder ein zusätzliches Putzsystem aufgetragen werden soll, sollten nur Produkte verwendet werden, die in dieser Kombination bereits für ein WDVS des gleichen Typs bauaufsichtlich zugelassen sind. Haftung, Verträglichkeit, Steifigkeit und Regenschutz müssen den allgemeinen putztechnischen Anforderungen entsprechen. Das zulässige Gesamtgewicht des Alt- und Neuputzes darf 30 kg/m2 nicht übersteigen, die Anschlüsse müssen funktionstüchtig sein. Zusätzlich ist aus heutiger Sicht sowohl bei der Neuerstellung als auch bei der Überarbeitung oder Aufdoppelung von Wärmedämm-Verbundsystemen der Einbau von drei zusätzlichen gebäudeumlaufenden Brandriegeln an der Unterkante des Wärmedämm-Verbundsystems, auf Höhe der Decke über dem Erdgeschoss und am oberen Abschluss des Wärmdämm-Verbundsystems erforderlich.

Diese Maßnahme reduziert das Brandrisiko durch externe Stützfeuer und wird zukünftig in allen allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen aufgenommen. An diese Brandriegel, an die Putzmörtel und an das Gewebe werden dabei besondere Anforderungen gestellt. Auch wenn zurzeit noch kein Stichtag für die Umsetzung dieser Maßnahme bekannt gegeben ist, wird dies kurzfristig (im Laufe des Jahres 2015) erfolgen, sodass die Beachtung dieser Hinweise bereits heute dringend empfohlen wird.
 

Was ist zulässig?

Wärmedämm-Verbundsysteme zählen zu den sogenannten nicht geregelten Bauprodukten, deren Anwendung einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung bedarf. Dabei darf das WDVS nur in der in der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung beschriebenen Art und Weise angewendet werden. Wird ein WDVS nicht in der dort beschriebenen Art und Weise angewendet, erlischt die Zulassung, die rechtlichen Anwendungsvoraussetzungen liegen nicht mehr vor und Standsicherheit, Brandschutz u. a. sind nicht mehr nachgewiesen. Als Folge hiervon müssen die für eine Zulassung geforderten Nachweise (Standsicherheit, Brandschutz, Funktionstauglichkeit, Dauerhaftigkeit, …) im Rahmen der Beantragung einer Zustimmung im Einzelfall nachgewiesen oder das System abgerissen werden. Wird ein Wärmedämm-Verbundsystem überarbeitet, indem ein neues System zusätzlich aufgetragen wird, ist dies über allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen geregelt (s. o.).

Wird bei einem bekannten WDVS das Putzsystem entfernt und durch ein neues, gleichartiges (gleicher Hersteller, aus gleicher bauaufsichtlicher Zulassung) ersetzt, ist dies ebenfalls durch die Zulassung abgedeckt. Alle anderen Fälle sind bauaufsichtlich nicht geregelt und somit nicht zugelassen. Dies betrifft sowohl das Strippen eines unbekannten Systems in Verbindung mit dem Neuauftrag eines Putzsystems (unabhängig davon, ob dieses Bestandteil einer bauaufsichtlichen Zulassung ist) als auch den Auftrag eines unbekannten oder auch des gleichen Putzsystems auf ein vorhandenes WDVS. 

Wieder wie neu: Mit einer visuellen Kontrolle der Putzoberfläche nach ca. ein bis vier Jahren lassen sich vorhandene Fehler oder Mängel frühzeitig erkennen und schnell beseitigen.

Wer ist zuständig?

Für diese Fälle ist nach der derzeitigen Rechtslage entweder eine Zustimmung im Einzelfall erforderlich oder es ist der Nachweis zu führen, dass es sich dabei um eine „nicht wesentliche Abweichung“ von der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung handelt. Im letzteren Fall liegt dann keine bauaufsichtlich relevante Abweichung von der Zulassung vor und die Vorgehensweise ist von der Zulassung des Wärmedämm-Verbundsystems abgedeckt. Die Entscheidung darüber, ob die Abweichung als „wesentlich“ oder „nicht wesentlich“ anzusehen ist, liegt letztlich bei der obersten Bauaufsichtsbehörde des jeweiligen Bundeslandes. Weder Systemhersteller noch Sachverständige oder Materialprüfanstalten sind autorisiert, diese Einstufung vorzunehmen. Für ihre Entscheidung benötigt die oberste Bauaufsichtsbehörde jedoch häufig eine sachkundige Bewertung. Diese kann von einem Sachkundigen begründet und vorgetragen werden, sodass die „am Bau Beteiligten“ in diese Entscheidung mit eingebunden sind. Um aus dem Dilemma ständiger bauaufsichtlicher Zulassungen herauszukommen und weil kein erhöhtes technisches Risiko besteht, haben die Bundesländer Baden-Württemberg und Niedersachsen bereits ihre Zustimmung für das Überputzen von Wärmedämm-Verbundsystemen unter bestimmten Bedingungen gegeben [4, 5]. Außerdem wurde im Auftrag des Industrieverbandes WerkMörtel e. V. vom Ingenieurbüro Sahlmann & Partner eine Stellungnahme zum Überputzen von Wärmedämm-Verbundsystemen erstellt [6]. Auf dieser Basis wurde von einer Expertengruppe eine Bewertung für das DIBt erarbeitet, damit dieses eine allgemeine Stellungnahme zum Überputzen von Wärmedämm-Verbundsystemen veröffentlichen kann, z. B. als Empfehlung für die obersten Bauaufsichtsbehörden der Länder oder in Form einer Veröffentlichung in der Liste der Technischen Baubestimmungen. Bis zu dieser allgemeinen Aussage ist im Zweifelsfall die Vorgehensweise mit der obersten Bauaufsichtsbehörde abzustimmen.

QUELLEN UND WEITERGEHENDE LITERATUR
  • [1] Instandhaltungsleitfaden: Beschichtungen und Verputze auf Fassaden und Wärmedämm-Verbundsysteme. Herausgeber: Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz und Bundesverband Ausbau und Fassade im ZDB.
  • [2] WTA-Merkblatt E-2-13 „Wärmedämm-Verbundsysteme: Wartung, Instandsetzung, Verbesserung“; Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V.
  • [3] BFS-Merkblatt Nr.21 „Technische Richtlinien für die Planung und Verarbeitung von Wärmedämm-Verbundsystemen“. Herausgeber: Bundesausschuss Farbe und Sachwertschutz, Frankfurt.
  • [4] Stuck-Info 8-9/2013: „Instandsetzung von durch Hagel beschädigten Außenwärmedämmungen“
  • [5] Information Werkstoff, Technik, Umwelt 02/2014 „Instandsetzung von Wärmedämm-Verbundsystemen nach Hagelschäden“, Malerverband Niedersachsen.
  • [6] Gutachterliche Stellungnahme zum Aufbringen neuer Putzschichten auf bestehende Wärmedämm-Verbundsysteme, Sahlmann & Partner GbR, Leipzig.
  • [7] Hinweis des Deutschen Instituts für Bautechnik, Referat II 1 vom 16.12 2014
ÜBER DEN AUTOR

Dr. Bodo Buecher

war viele Jahre als Leiter Forschung und Entwicklung in der Industrie tätig. Außerdem: Arbeit als ö.b.u.v. Sachverständiger für Schäden an Putzen und WDVS, Mitarbeit bei UEAtc, EOTA, DIN, DIBt, WTA zur Erarbeitung nationaler und europäischer Normen und Zulassungen.